9. Juli 2024
9. Juli 2024
Neues Gesetz ebnet den Weg für rein virtuelle Wohneigentümerversammlungen
Nach monatelangen Diskussionen hat der Bundestag den Regierungsentwurf …
„zur Zulassung virtueller Wohnungseigentümerversammlungen, zur Erleichterung des Einsatzes von Steckersolargeräten und zur Übertragbarkeit beschränkter persönlicher Dienstbarkeiten für Erneuerbare-Energien-Anlagen“ (20/9890)
… in der vom Rechtsausschuss geänderten Fassung (20/12146) beschlossen. Eigentümergemeinschaften haben damit die Wahl, ob die Versammlung in Präsenz, hybrid oder virtuell abgehalten werden sollen.
Von der Online-Teilnahme einzelner Eigentümer zur komplett digitalen Versammlung
Bereits seit der WEG-Reform können die Wohnungseigentümer einzelnen Eigentümern ermöglichen, online an Präsenzversammlung teilzunehmen. Dafür ist ein Mehrheitsbeschluss erforderlich.
Die Option, Eigentümerversammlungen vollständig online abzuhalten, sah das Wohnungseigentumsgesetz (WEG) bislang nicht vor. Das ändert sich nun:
Übergangsregelung für digitale Eigentümerversammlung
Heftig umstritten war, ob durch dieses Quorum von 75 Prozent ältere oder technikferne Eigentümer benachteiligt werden. Die Lösung brachte nun die Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses. Danach wird eine Übergangsregelung in das Gesetz eingefügt, die den Wohnungseigentümern die Umstellung auf virtuelle Versammlungen erleichtern soll. Sie gilt ausdrücklich nicht für Beschlüsse, die bereits vor der neuen Gesetzesregelung auf Grundlage einer Vereinbarung beruhen. § 48 Absatz 6 (neu) lautet:
„Fassen die Wohnungseigentümer vor dem 1. Januar 2028 einen Beschluss nach § 23 Absatz 1a, ist bis einschließlich 2028 mindestens einmal im Jahr eine Präsenzversammlung durchzuführen, sofern die Wohnungseigentümer hierauf nicht durch einstimmigen Beschluss verzichten. Ein Verstoß gegen diese Pflicht führt nicht zur Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit der in einer virtuellen Wohnungseigentümerversammlung gefassten Beschlüsse.“
Beschlüsse zur digitalen Versammlung
Gemeinschaften, die ausschließlich virtuell tagen wollen, müssen also in dieser Übergangszeit zwei Beschlüsse fassen – einen mit Dreiviertel-Mehrheit zur virtuellen Durchführung und einen einstimmigen zum Verzicht auf eine Präsenzversammlung. Die zeitliche Befristung dieser Regelung bis 2028 steht auch im Zusammenhang mit der für 2027 vorgesehenen Evaluation der WEG-Reform.
Unstrittig war die in § 23 Absatz 1a verankerte Befristung der Beschlussfassung zur virtuellen Wohnungseigentümerversammlung auf drei Jahre. Sie übernimmt den Befristungsgedanken aus dem Aktienrecht (Paragraf 118a AktG). Zum einen sollen Erwerber von Wohnungen nicht für unbestimmte Zeit an eine vor dem Erwerb erfolgte Beschlussfassung gebunden werden. Zum anderen ist denkbar, dass sich die Haltung der Wohnungseigentümerinnen und -eigentümer zu virtuellen Versammlungen ändert.
Weniger Bürokratie, mehr Digitalisierung – auch in der WEG-Verwaltung
Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) betonte anlässlich des Bundestagsbeschlusses: „Das ist ein überfälliger Schritt hin zu weniger Bürokratie und mehr Digitalisierung.“. Auch bei den Branchenverbänden stieß die Gesetzesänderung auf breite Zustimmung. „Damit wird der Weg frei für einen zeitnahen und verbesserten Meinungsaustausch für Wohnungseigentümergemeinschaften, die zunehmend Entscheidungen treffen müssen, bei denen eine jährliche Präsenzversammlung nicht mehr ausreichen wird“, hieß es seitens des Verbandes der Immobilienverwalter Deutschland (VDIV). Für Immobilienverwaltungen werde die optionale Versammlungsform den Arbeitsalltag erleichtern und das Berufsbild stärken. Der Immobilienverband Deutschland IVD bezeichnete die Gesetzesänderung als „eine sinnvolle und vor allem zeitgemäße Ergänzung der rechtlichen Rahmenbedingungen für die Beschlussfassung innerhalb einer Eigentümergemeinschaft.“
Der Bundestag hatte den Gesetzentwurf der Bundesregierung bereits im Januar in erster Lesung beraten und ihn anschließend an die Ausschüsse überwiesen. Die Federführung hatte der Rechtsausschuss übernommen. In seiner Sitzung im Februar gab es kein eindeutiges Stimmungsbild. Den Durchbruch brachten Änderungsvorschläge der Koalitionsfraktionen, die zur Beschlussempfehlung des Ausschusses führten.