26. Februar 2024

26. Februar 2024

Erweiterung der Kompetenzen der WEG-Verwaltung: Wie weit reicht die Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer aus § 27 Abs. 2 WEG?

Ergeben sich die Kompetenzen der WEG-Verwaltung aus Verwaltervertrag und Gesetz? Im Wesentlichen schon. Aber wussten Sie, dass Wohnungseigentümer die Rechte und Befugnisse der Verwaltung nach § 27 Abs. 2 WEG durch bloßen Mehrheitsbeschluss auch erweitern können?

Eine der aktuellsten Fragen im WEG-Recht lautet: Wie weit reicht diese Beschlusskompetenz – und können die Wohnungseigentümer mit ihr beispielsweise auch die komplette Durchführung einer aufwendigen und kostenintensiven Sanierungsmaßnahme auf die Verwaltung übertragen – einschließlich aller vor- und nachbereitenden Maßnahmen? Darüber hatte das Amtsgericht Hamburg-St. Georg jüngst im Rahmen einer Beschlussanfechtungsklage zu entscheiden (Az. 980a C 21/23 WEG).

Was bedeutet das Urteil für die Verwalterpraxis?

Die Entscheidung des Amtsgerichts Hamburg-St. Georg vom 2. Februar 2024 betrifft eine aktuell noch nicht höchstrichterlich entschiedene, für die tägliche Arbeit von WEG-Verwaltungen aber hoch relevante Rechtsfrage. Verwaltungen und Wohnungseigentümer müssen sich überlegen, ob und in welchem Umfang sie die gesetzliche Kompetenz aus § 27 Abs. 2 WEG nutzen.

Falls sich die Rechtsansicht des Amtsgerichts durchsetzt, käme es in jedem Einzelfall auf eine Abwägung aller Umstände an, vor allem der Art und Kosten einer anstehenden Maßnahme, ob die Wohnungseigentümer ihre „Entscheidungslast“ auf die WEG-Verwaltung übertragen können oder nicht.

Hinter der rechtlichen Einschätzung dürfte unter anderem stehen, dass so jeder Wohnungseigentümer den Übertragungsbeschluss frühzeitig per Beschlussanfechtungsklage auf den gerichtlichen „Prüfstand“ stellen könnte.

Wie geht es weiter?

Wird der Beschluss bestandskräftig, könnten einzelne Wohnungseigentümer seinen Vollzug durch die Verwaltung – etwa die Auswahl eines Fachunternehmens – zunächst nicht mehr angreifen. Das könnte den Minderheitenschutz in der Wohnungseigentümergemeinschaft schwächen.

Setzen sich im Rahmen von § 27 Abs. 2 WEG allerdings die Stimmen durch, die dem gesetzgeberischen Anliegen Vorrang einräumen wollen, dürften sich die Wohnungseigentümer in Zukunft mit entsprechendem Mehrheitsbeschluss dafür entscheiden können, auch umfangreiche und kostenintensive (Sanierungs-)Maßnahmen durch ihre WEG-Verwaltung durchführen zu lassen. Für den entsprechenden Mehraufwand müsste die Vergütung der Verwaltung angepasst werden.

Es bleibt also abzuwarten. Bereits jetzt ist für die Verwalterpraxis zu empfehlen, das Ausmaß und die Grenzen der erweiterten Entscheidungsbefugnisse der WEG-Verwaltung in einem Delegationsbeschluss nach § 27 Abs. 2 WEG möglichst klar und eindeutig festzulegen.

Richter Barry Sankol

Barry Sankol
WEG-Richter am Amtsgericht Hamburg-St. Georg

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