1. November 2022
1. November 2022
Viele WEGs beinhalten Wohn- und Gewerbeeinheiten. Doch was passiert, wenn nun eine solche Gewerbeeinheit zu Wohnzwecken genutzt werden soll? Der Gesetzgeber wünscht sich zwar mehr Wohnraum in Deutschland, doch alles erlauben können sich die Eigentümer auch nicht – das zeigt ein aktueller Fall, der vor dem BGH entschieden wurde.
14 Einheiten beinhalteten die 2 Gebäude der WEG in Rheinland-Pfalz, über die der BGH zu entscheiden hatte. Davon wurden nur jeweils die Dachgeschosse als Wohnraum genutzt, ansonsten lagen in den Gebäuden ausschließlich Gewerbeeinheiten. Die Gemeinschaftsordnung besagte auch ganz klar: Die vier Wohnungen dürfen ausschließlich zu Wohnzwecken genutzt werden, nur mit schriftlicher Zustimmung des Verwalters dürfte das geändert werden.
Wenn aus der Zahnarztpraxis eine Wohnung wird
Bei den Gewerberäumen war die Vorgabe noch spezifischer. Hier nennt die Gemeinschaftsordnung eine mögliche Nutzung „als Büro, Praxis, Apotheke, Kiosk, Laden oder für ähnliche Zwecke“. Dies ignorierten die Eigentümer einer Praxis aber, bauten diese um und nutzten sie als Wohnung. Sie informierten darüber auch den WEG-Verwalter im Vorhinein, der offenbar keine Einwände hatte.
Doch die Eigentümerin einer Wohnung aus dem anderen Gebäude erfuhr von dieser Nutzungsänderung und war damit nicht einverstanden. Sie klagte auf Unterlassung der Wohnnutzung.
Ist eine ausnahmsweise Wohnnutzung hier möglich?
Das Amtsgericht entschied in erster Instanz zugunsten des Zahnarzt-Paars, doch das Landgericht gab der Unterlassungsklage statt: Die Nutzung als Wohnung widerspreche der Zweckbestimmung der Teileigentumseinheit. Nun ging es weiter vor dem Bundesgerichtshof.
Stört die Wohnnutzung mehr als die vorgesehene gewerbliche?
Der Bundesgerichtshof entschied ganz klar: Die Nutzung der Praxis als Wohnraum sei unzulässig aufgrund der Zweckbestimmung (BGH, Urteil v. 15.7.2022, Az. V ZR 127/21). Zwar kann es im Einzelfall zulässig sein, eine Teileigentumseinheit zum Wohnen zu nutzen. Aber nur, wenn dies bei typisierender Betrachtungsweise nicht mehr stört als die vorgesehene Nutzung. In einem ansonsten ausschließlich gewerblich genutzten Gebäude stört die Wohnnutzung aber regelmäßig mehr als die vorgesehene Nutzung, wie der BGH bereits vier Jahre zuvor entschieden hatte (BGH, Urteil v. 23.3.2018, Az. V ZR 307/16).
Nicht ausschließlich als Gewerbe genutzt – trotzdem keine Umnutzung?
Nun gab es zwar in den Dachgeschossen der beiden Gebäude jeweils Wohnungen, die Häuser wurden also nicht ausschließlich gewerblich genutzt. Aber: In beiden Gebäuden ist Wohnen und Gewerbe ganz klar räumlich getrennt. Die gesamte Aufteilung ziele darauf ab, nur die Dachgeschosse als Wohneinheiten zu nutzen. Daher hätten auch die anderen Eigentümer ein berechtigtes Interesse daran, diese Trennung beizubehalten, um Nutzungskonflikte zu vermeiden, so die Karlsruher Richter.Formularbeginn
Fazit: Eine Wohnnutzung von Gewerbe-Einheiten kann zwar durchaus möglich sein – aber eben nur unter ganz spezifischen Bedingungen. Bevor Sie als Verwalter Ihre Zustimmung zu einem solchen Vorhaben geben, sollten Sie die Rechtslage unbedingt genau prüfen.
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