27. Oktober 2025
27. Oktober 2025
Ein aktuelles Urteil des Bundesgerichtshofs sorgt für Klarheit: Auch ein vermietender Wohnungseigentümer, der Teil einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) ist, kann für Unfälle infolge eines mangelhaften Winterdienstes haftbar gemacht werden – selbst dann, wenn die Gemeinschaft oder ein Hausmeisterdienst mit den Räum- und Streuarbeiten beauftragt wurde. (BGH, Az. VIII ZR 250/23 (2025))
Hintergrund: Mieterin stürzt auf vereistem Weg
In dem entschiedenen Fall kam es zu einem Unfall auf einem vereisten Gemeinschaftsweg vor einem Mehrfamilienhaus. Eine Mieterin war gestürzt und erlitt Verletzungen. Die Eigentümergemeinschaft hatte zwar einen Hausmeisterdienst mit dem Winterdienst beauftragt, doch an dem Tag wurde nicht gestreut. Die geschädigte Mieterin klagte gegen ihren Vermieter – einen einzelnen Wohnungseigentümer innerhalb der WEG – auf Schadensersatz.
Das zunächst zuständige Landgericht hatte die Klage abgewiesen: Die Eigentümergemeinschaft habe ihre Pflichten ordnungsgemäß erfüllt, indem sie den Winterdienst an ein professionelles Unternehmen delegiert habe. Der Bundesgerichtshof sah dies anders und entschied zugunsten der Mieterin.
Entscheidung des BGH
Verantwortung bleibt beim vermietenden Eigentümer
Nach Auffassung der Richter bleibt der vermietende Eigentümer aus seinem Mietverhältnis heraus verkehrssicherungspflichtig. Er kann diese Pflicht zwar auf Dritte übertragen, trägt jedoch weiterhin die Verantwortung für eine ordnungsgemäße Ausführung.
Mit anderen Worten: Der beauftragte Winterdienst handelt als Erfüllungsgehilfe des Eigentümers (§ 278 BGB – Haftung für Erfüllungsgehilfen). Wenn dieser seine Aufgaben mangelhaft erfüllt – etwa nicht rechtzeitig streut oder räumt –, haftet der Vermieter so, als hätte er selbst versäumt, für Sicherheit zu sorgen.
Der BGH stellte klar: Auch in der WEG darf sich ein einzelner Eigentümer gegenüber seinen Mietern nicht darauf berufen, dass die Gemeinschaft oder ein Verwalter zuständig gewesen sei. Entscheidend ist das Verhältnis zwischen Vermieter und Mieter.
Bedeutung für Vermieter und WEG-Verwalter
Das Urteil zeigt deutlich: Die Verantwortung für die Verkehrssicherung bleibt auch bei einer organisatorischen Arbeitsteilung bestehen. Das betrifft nicht nur den Winterdienst, sondern grundsätzlich alle Aufgaben, die Gefahren für Dritte verhindern sollen.
Für die Praxis bedeutet das:
- Pflichten genau definieren: Bei der Beauftragung externer Dienstleister sollte vertraglich klar geregelt sein, wann, wie und wo geräumt und gestreut wird.
- Kontrolle bleibt Pflicht: Eigentümer und Verwalter sollten sich regelmäßig vergewissern, dass die Dienstleister ihre Aufgaben zuverlässig erfüllen. Eine einfache Sichtkontrolle oder Rückmeldung kann im Streitfall entscheidend sein.
- Dokumentation hilft: Wer kontrolliert und festhält, wann der Winterdienst erfolgt ist, kann im Schadensfall nachweisen, dass die Pflicht ernst genommen wurde.
- Versicherungsschutz prüfen: Eine Haftpflichtversicherung sollte auch Fehler von beauftragten Unternehmen abdecken.
Fazit
Das Urteil macht deutlich, dass die Delegation von Aufgaben nicht zur Delegation von Verantwortung führt. Vermietende Wohnungseigentümer müssen sich bewusst sein, dass sie für die Sicherheit ihrer Mieter einstehen – auch im Gemeinschaftseigentum.
Für WEG-Verwalter wiederum bedeutet das: Sie sollten Eigentümer auf diese Pflichten hinweisen, geeignete Dienstleister auswählen und die Durchführung regelmäßig prüfen. Nur so lässt sich das Risiko von Haftungsfällen wirksam minimieren.
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