5. Juli 2024
5. Juli 2024
Steckersolargeräte alias „Balkonkraftwerke“ in der WEG- und Mietverwaltung
Rund 276.000 Steckersolargeräte wurden hierzulande im vergangenen Jahr installiert, 339 Prozent mehr als im Vorjahr. Künftig haben Wohnungseigentümer einen Anspruch darauf, dass die Gemeinschaft ihnen diese Maßnahme gestattet. Allerdings muss die Eigentümerversammlung über die Gestattung und die Art der Durchführung der Maßnahme im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung beschließen.
Der Bundestag hat am 4. Juli 2024 den Gesetzentwurf der Ampel-Regierung mit dem komplizierten Namen „Entwurf eines Gesetzes zur Zulassung virtueller Wohnungseigentümerversammlungen, zur Erleichterung des Einsatzes von Steckersolargeräten und zur Übertragbarkeit beschränkter persönlicher Dienstbarkeiten für Erneuerbare-Energien-Anlagen“ (20/9890) in der vom Rechtsausschuss geänderten Fassung (20/12146) beschlossen. Der beinhaltet unter anderem eine Erweiterung des Kataloges privilegierter baulicher Veränderungen im Wohnungseigentumsgesetz. § 20 Absatz 2 Satz 1 WEG wurde durch eine neue Nummer 5 – „der Stromerzeugung durch Steckersolargeräte“ – ergänzt. Wohnungseigentümer haben somit grundsätzlich einen Anspruch darauf, dass ihnen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer die Installation der Steckersolaranlage gestattet.
Allerdings dürfen die einzelnen Eigentümer die Montage nicht einfach vornehmen. Nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 17. März 2023 (BGH V ZR 140/22) gilt für bauliche Maßnahmen ein Beschlusszwang. Darüber hinaus hat die Gemeinschaft ein Mitspracherecht. Sie darf Vorgaben zur Umsetzung der Maßnahme machen. Der einzelne Eigentümer hat in der Regel keinen Anspruch auf eine bestimmte Durchführung.
Damit nicht nach einander einzelne Eigentümer mit dem Begehr, ein Steckersolargerät installieren zu wollen, an die WEG herantreten und jedes Mal ein neuer Beschluss gefasst werden muss, empfiehlt es sich, einmalig einen Dauerbeschluss zu fassen. Darin können die Modalitäten für alle künftigen Fälle geregelt werden. So lässt sich sicherstellen, dass kein Wohnungseigentümer beispielsweise durch Blendeffekte oder Verschattung unbillig benachteiligt wird. Zugleich bleibt ein einheitliches Erscheinungsbild der Wohnanlage gewahrt.
Sinnvoll ist, die Gestattung der Steckersolargeräte mit Auflagen zu koppeln. Wichtig sind zum einen baulich-technische Aspekte.
- Die Anlage sollte den DGS-Sicherheitsstandard 001 (künftig alternativ E DIN VDE V 0126-95) sowie die zum Zeitpunkt der Anbringung geltenden technischen Vorgaben B. bezüglich der maximal zulässigen Leistung erfüllen.
- Sie sollte fachgerecht und absturzsicher unter Beachtung der öffentlich-rechtlichen und technischen Normen installiert werden.
- Dafür sollten eine Außensteckdose eingebaut sowie der Stromkreis und die Sicherungen durch den Elektriker überprüft werden.
- Bei der Montage darf das Gemeinschaftseigentum nicht beschädigt werden.
Bestandteil des Beschlusses sollten auch die Pflichten des jeweiligen Eigentümers sein. Er ist für die Anmeldung im Marktstammdatenregister sowie die Einholung etwalger behördllcher Genehmlgungen zuständig, aber auch für etwaige Folgekosten der Anbringung (§21 Abs. l WEG).
Auch Haftungsfragen sind zu bedenken. Die Wohnungseigentümergemeinschaft haftet für Schäden Dritter (§ 836 BGB). Entsprechend sollte die Gebäudehaftpflichtversicherung jeweils über die Installation des Steckersolargeräts informiert werden. Die Gemeinschaft kann sich zusätzlich absichern, indem sie eine private Haftpflichtversicherung des jeweiligen Wohnungseigentümers zur Bedingung für die Gestattung macht.
Mit dem Bundestagsbeschluss wurde nicht nur das Wohnungseigentumsgesetz, sondern analog dazu ebenfalls der Katalog der privilegierten baulichen Veränderungen im Bundesgesetzbuch ergänzt (BGB § 554 in Absatz 1 Satz 1). Auch Mieter haben – sozusagen in zweiter Reihe – einen Anspruch auf ein Steckersolargerät. Sie können vom Vermieter verlangen, dass er die Installation eines Steckersolargerätes gestattet. Wenn es sich bei der gemieteten Wohnung um eine Eigentumswohnung, handelt, kann der Mieter also verlangen, dass der Wohnungseigentümer versucht, eine entsprechende Beschlussfassung in der Eigentümerversammlung herbeizuführen.
Rüdiger Fritsch
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht, Fachbuchautor, langjähriger Fachreferent in der Immobilienwirtschaft