7. Juni 2022

7. Juni 2022

Ein Wasserschaden in der Wohnungseigentumsanlage ist für den WEG-Verwalter, den Sondereigentumsverwalter – und immer dann, wenn es Ärger bei der Abwicklung gibt – auch für die involvierten Juristen eine nervenaufreibende Angelegenheit. Wirtschaftlich bleibt der Schaden meistens erträglich, da die Wohngebäudeversicherung eintritt. Aber Vorsicht: Ist das Wasser aufgrund einer undichten Silikonfuge im Duschbereich ausgetreten muss die Versicherung nicht zahlen! Das entschied kürzlich der BGH mit weitreichenden Folgen für die Praxis.

Was war passiert?

In einer WEG war aufgrund einer undichten Silikonfuge im Duschbereich einer Wohnung Wasser ausgetreten. Die Wohngebäudeversicherung lehnte eine Eintrittspflicht mit der Begründung ab, dass es sich nicht um einen versicherten Leitungswasserschaden handele. LG und OLG gaben der Zahlungsklage (teilweise) statt. Der BGH (Urteil vom 20.10.2021 – IV ZR 236/20) wies die Berufung des Klägers zurück, sodass die Klage im Ergebnis vollständig abgewiesen wurde. Der Wohnungseigentümer blieb auf dem Wasserschaden sitzen.

Schaden aufgrund undichter Silikonfuge ist kein Leitungswasserschaden

Der BGH musste die Versicherungsbedingungen der Wohngebäudeversicherung auslegen, wonach nur solche Schäden gedeckt sind, die durch bestimmungswidriges Leitungswasser entstehen. Der BGH kommt zu dem Ergebnis, dass aus Sicht eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers dieser nicht davon ausgehen könne, dass es sich bei einer undichten Fuge um eine wasserführende Leitung oder Teil eines Leitungssystems (und damit um einen Leitungswasserschaden) handelt.

Praxishinweis

Die Frage, ob Schäden wegen undichter Fugen von der Wohngebäudeversicherung gedeckt sind, war bisher in Rechtsprechung und Literatur umstritten und ist nun durch die BGH-Entscheidung geklärt; sie sind es nicht.
Tatsächlich zeigt die Verwaltungspraxis, dass eine große Zahl an Wasser- oder Feuchtigkeitsschäden ihre Ursache darin haben, dass Wohnungseigentümer die Silikonfugen nicht regelmäßig warten und abdichten lassen. Im Interesse der Gemeinschaft wäre es daher wünschenswert, wenn sie jeden einzelnen Eigentümer dazu anhalten könnte, die Silikonfugen in seiner Wohnung überprüfen bzw. erneuern zu lassen. Doch die Einflussmöglichkeiten der Gemeinschaft sind begrenzt. Folgende Gesichtspunkte sind zu beachten:
Einen Beschluss mit dem Inhalt, dass jeder Wohnungseigentümer verpflichtet wird, bis zu einem bestimmten Zeitpunkt den Nachweis über die fachkundige Überprüfung der Silikonfugen und sämtlicher Anschlüsse und Abläufe zu erbringen kann nicht gefasst werden; er wäre nichtig.

Die Gemeinschaft, handelnd durch den Verwalter, hat auch kein – anlassloses – allgemeines Betretungsrecht; selbst wenn ein solches für den Verwalter in der Gemeinschaftsordnung vereinbart sein sollte (z.B. einmal jährlich), wäre dies nichtig.

Der Verwalter sollte die BGH-Entscheidung daher zum Anlass nehmen, sämtliche Eigentümer darüber zu informieren, dass die – im Sondereigentum! – stehende Silikonfugen regelmäßig überprüft und erneuert werden müssen. Verstößt ein Eigentümer gegen seine Pflicht zur Erhaltung seines Sondereigentums, macht er sich gegenüber der Gemeinschaft und den anderen Eigentümern schadensersatzpflichtig. Die Information erfolgt idealerweise durch gesondertes Schreiben bzw. Einstellung auf dem Internetportal des Verwalters (und pushup-Nachricht) sowie im Rahmen einer Eigentümerversammlung und entsprechender Dokumentation in der Versammlungsniederschrift.

Gibt es allerdings einen konkreten Schadenfall, muss der Verwalter als Organ der Gemeinschaft tätig werden. Aus diesem organschaftlichen Rechts- und Pflichtenkreis folgt auch ein Betretungsrecht, dass die Gemeinschaft (wieder handelnd durch den Verwalter als Organ) unter Einschaltung eines Rechtsanwalts notfalls gerichtlich gegen den Wohnungseigentümer oder dessen Mieter durchsetzen kann.

Das sind unsere nächsten Seminare:

Wasserschaden in der WEG-Praxis

Hybrides Praxisseminar: Die digitale Eigentümerversammlung

 

Hinweis
Der Inhalt dieser Mitteilung stellt die fachliche Meinung des jeweiligen Autors dar. Wir bitten um Verständnis dafür, dass der Autor für die sachliche und juristische Richtigkeit der vertretenen Auffassung sowie der daraus ggf. abgeleiteten oder abzuleitenden Handlungsempfehlung keine Haftung übernimmt, insbesondere nicht dafür, dass diese von einem mit der Sache befassten oder noch zu befassenden Gericht geteilt werden. Wir empfehlen daher, insbesondere mit Blick auf die konkreten Umstände des jeweiligen Einzelfalls ggf. eigenen fachlichen oder rechtlichen Rat einzuholen.

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