8. Februar 2022

8. Februar 2022

Häufig wird in Anfechtungsklagen als Beklagte noch „die übrigen Wohnungseigentümer gemäß beigefügter (oder nachzureichender) Eigentümerliste …“ bezeichnet. Fällt dieser Fehler – wie so häufig – nach Ablauf der einmonatigen Beschlussanfechtungsfrist auf, stellt sich die Frage, ob es sich um eine schlichte Falschbezeichnung handelt, sodass eine jederzeitige Rubrumsberichtigung möglich ist oder ob hier die falsche Partei verklagt wurde und somit eine Parteiänderung erforderlich ist. Nach zwei wichtigen Urteilen ist eine Partei- bzw. Rubrumsberichtigung nicht möglich, sondern bedarf es innerhalb der Anfechtungsfrist eines Parteiwechsels. Die Leitsätze lauten wie folgt:

Wenn der Kläger in der Klage (datiert nach dem 01.12.2020) als Beklagte „die übrigen Wohnungseigentümer der Wohnungseigentumsanlage WEG …“ bezeichnet hat, diese Klage dem Verwalter zugestellt wurde, so ist nicht der Verband „Gemeinschaft der Wohnungseigentümer“ Beklagter. Unter Beibehaltung der Parteiidentität ist eine vorgezogene Parteiberichtigung nicht möglich.
AG Suhl, Beschluss vom 25.06.2021 – 1 C 348/20 –

Wird ab dem 01.12.2020 eine Anfechtungsklage gegen die übrigen Wohnungseigentümer erhoben, kann der Verstoß gegen § 44 Abs. 2 Satz 1 WEG nach Ablauf der Klagfrist des § 45 Satz 1 WEG nicht mehr im Wege des Parteiwechsels „geheilt“ werden.
AG Charlottenburg, Urteil vom 16.04.2021 – 73 C 8/21

 

Praxishinweis

Erhebt ein Wohnungseigentümer Klage gegen die „übrigen Wohnungseigentümer …“ und kündigt die Vorlage einer Eigentümerliste an bzw. legt der Klage bereits eine Eigentümerliste bei, liegt nicht lediglich eine fehlerhafte Parteibezeichnung vor, sondern wurde die falsche Partei verklagt, sodass noch innerhalb der einmonatigen Anfechtungsfrist des § 45 WEG ein Parteiwechsel erfolgen und die Klage gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer bzw. Wohnungseigentümergemeinschaft gerichtet werden muss. Den vorgenannten Entscheidungen des AG Suhl und AG Charlottenburg ist zuzustimmen (vgl. auch AG Hamburg-St. Georg, Beschluss vom 03.08.2021 – 980a C 14/21; Anmerkung Riecke zu AG Essen, Urteil vom 02.11.2021 – 196 C 50/21, IMR 2022, 44; a.A. AG Essen, Urteil vom 02.11.2021 – 196 C 50/21).
Eine Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand (§ 45 Satz 2 WEG iVm §§ 233 ff. ZPO) kommt regelmäßig nicht in Betracht, da das Gesetz klar und eindeutig ist.

Der Verwalter vertritt nur noch die Wohnungseigentümergemeinschaft (§ 9 Abs. 1 Satz 1 WEG) und kann daher nach zutreffender Auffassung nicht mehr (Zustellungs-) Vertreter für die übrigen Wohnungseigentümer oder einzelne Wohnungseigentümer sein. Wird dem Verwalter dennoch eine Klage gegen die „übrigen Wohnungseigentümer“ zugestellt, ist er nicht Zustellungsvertreter und kann daher die Klage unverzüglich an das Gericht zurücksenden mit dem Hinweis auf § 9 Abs. 1 Satz 1 WEG, wonach der Verwalter über keine Vertretungsbefugnis für die übrigen Wohnungseigentümer verfügt.

 

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Hinweis
Der Inhalt dieser Mitteilung stellt die fachliche Meinung des jeweiligen Autors dar. Wir bitten um Verständnis dafür, dass der Autor für die sachliche und juristische Richtigkeit der vertretenen Auffassung sowie der daraus ggf. abgeleiteten oder abzuleitenden Handlungsempfehlung keine Haftung übernimmt, insbesondere nicht dafür, dass diese von einem mit der Sache befassten oder noch zu befassenden Gericht geteilt werden. Wir empfehlen daher, insbesondere mit Blick auf die konkreten Umstände des jeweiligen Einzelfalls ggf. eigenen fachlichen oder rechtlichen Rat einzuholen.

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