23. Juni 2020

23. Juni 2020

Liebe Verwalterin,
lieber Verwalter,

häufig werden Wohnungseigentümer bei der Nutzung ihres Sondereigentums durch andere Wohnungseigentümer oder deren Mieter gestört, insbesondere durch Lärm oder Geruchsbeeinträchtigungen. Verlangt der beeinträchtigte Wohnungseigentümer ein Tätigwerden durch die Wohnungseigentümergemeinschaft oder den Verwalter, ist Vorsicht geboten. In einer aktuellen Entscheidung hat der BGH klargestellt (Urteil vom 24.01.2020 – V ZR 295/16), dass die Wohnungseigentümergemeinschaft nicht für die Unterlassung von Lärm- und Geruchsbeeinträchtigungen zuständig ist, sofern ein anderer Wohnungseigentümer hierdurch in der Nutzung seines Sondereigentums beeinträchtigt wird. Ein entsprechender Beschluss, welcher die in Betracht kommenden Abwehransprüche auf die Wohnungseigentümergemeinschaft überträgt, ist (teil-)nichtig. Dies gilt auch dann, wenn zugleich das gemeinschaftliche Eigentum von den Störungen betroffen ist.

Auch der Mieter ist an eine bestehende Haus- und Gemeinschaftsordnung gebunden

In dem vom BGH entschiedenen Fall ging es um behauptete Lärm- und Geruchsbeeinträchtigungen durch einen Mieter, welche einen Nachbareigentümer in der Nutzung seines Sondereigentums störten. Erfreulich deutlich stellt der BGH klar, dass ein Mieter nicht mehr Rechte haben kann als der vermietende Wohnungseigentümer und daher auch an eine beschlossene Hausordnung gebunden ist. Kommt es durch den Mieter zu Störungen des Gemeinschaftseigentums, liegen die Abwehransprüche nach aktuellem Recht noch bei dem einzelnen Wohnungseigentümer, können (und sollten auch) durch Beschluss vergemeinschaftet und durch die Wohnungseigentümergemeinschaft (handelnd durch den Verwalter) durchgesetzt werden. Wirken sich die Störungen auf die Nutzung einer Sondereigentumseinheit aus, können nach der neuen BGH-Entscheidung diese Ansprüche nicht vergemeinschaftet werden, sondern muss der beeinträchtigte Wohnungseigentümer seine Ansprüche alleine geltend machen.

Ausblick auf die WEG-Reform 

Im Rahmen der bevorstehenden WEG-Reform werden die Zuständigkeiten bei der Abwehr von Störungen neu geregelt. Kommt es nach Inkrafttreten des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz (WEMoG) zu Verstößen durch den Wohnungseigentümer oder dessen Mieter gegen beschlossene oder vereinbarte Gebrauchsregelungen (z. B. Hausordnung oder Gemeinschaftsordnung) ist Folgendes zu beachten:

  • Störungen des Gemeinschaftseigentums: Zukünftig ist ausschließlich die Wohnungseigentümergemeinschaft – und nicht mehr der einzelne Wohnungseigentümer – zuständig und verpflichtet, gegen Störungen vorzugehen.
  • Störungen des Sondereigentums: Insoweit wird auch zukünftig die Entscheidung des BGH zu beachten sein. Die Ausübungsbefugnis der Wohnungseigentümergemeinschaft bezieht sich nur auf das Gemeinschaftseigentum und nicht auf das gestörte Sondereigentum. Der sich gestört fühlende Wohnungseigentümer wird insoweit seine Abwehr- und Unterlassungsansprüche alleine geltend machen müssen. Im Prozess hat ausschließlich der Wohnungseigentümer die Prozessführungsbefugnis.
  • Störungen betreffen sowohl das Sonder- als auch das Gemeinschaftseigentum: Auch insoweit wird das BGH-Urteil zu beachten sein. Die Wohnungseigentümergemeinschaft kann nur in Bezug auf Störungen hinsichtlich des Gemeinschaftseigentums tätig werden und hat auch nur insoweit Prozessführungsbefugnis. Soweit gleichzeitig das Sondereigentum einzelner Wohnungseigentümer beeinträchtigt wird, können und müssen die beeinträchtigten Wohnungseigentümer ihre Ansprüche alleine geltend machen und haben insoweit die alleinige Prozessführungsbefugnis.
  • Die Rolle des Verwalters: Kommt es zu Störungen des Gemeinschaftseigentums, muss der Verwalter tätig werden. Ob er bereits aufgrund der gesetzlichen Ermächtigung einen Rechtsanwalt beauftragen darf oder es eines vorherigen Beschlusses bedarf, ist noch nicht geklärt, da aktuell die Regierungsparteien über die zukünftigen Befugnisse des Verwalters noch streiten. In jedem Fall ist dem Verwalter dringend anzuraten, seine Befugnisse durch Einzelbeschluss, Orga-Beschluss oder Verwaltervertrag klar regeln zu lassen.

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